
Die Prachtentfaltung des Hotel Imperial am Kärntner Ring zu Wien verwandelt den normalen Bürger zum Adeligen. Die freundliche und zuvorkommende Bedienung erhebt den Gast zum König. Die Transformation des adligen Stadtpalais in ein Grandhotel im Jahr 1873 erweist sich als goldrichtig. Denn dieses Gebäude ist viel mehr als nur eine Stadtwohnung.


Das Imperial ist das vornehmste Hotel in Wien. Entsprechend nennt sich die Bar nicht nach einem Kavalier oder Zuckerbäcker, sondern nach der „Kaiserin“ von Österreich: Maria Theresia. Und entsprechend teuer sind in dieser gediegenen Umgebung die Cocktails, zumindest für Wien. Denn in Paris und London kosten sie gut das Doppelte.

Bei unserem ersten Besuch an einem Samstagabend sind wir in der gut besetzten Bar vorwiegend von Einheimischen umgeben. Nach dem Studium der Karte bestellen wir unsere Martinis mit Tanqueray-Gin (EUR 15.-). Kurze Zeit später tischt uns der freundliche Bartender zwei perfekte Cocktails auf. Die Gläser wurden im Frigor vorgekühlt, so ist alles ganz kalt. Perfekt!

Im Glas sind zwei steinlose Oliven. In Silberschälchen liegen Salznüsschen und Chips. Die Bar ist sehr klein und intim. Und trotzdem spielt am Abend ein Pianist dezent am Klavier (ein Flügel hätte gar keinen Platz). Während wir unsere Martinis geniessen, verabschieden sich immer mehr Gäste, bis wir alleine sind. Die Wiener gehen sehr früh abendessen.


Die Gunst der ruhigen Stunde nutzend, fotografiere ich Manjulta unter dem Porträt von Maria Theresia. Als wir dem Pianisten verraten, dass meine Partnerin ebenfalls diese Vornamen trägt, gibt es bei ihm kein Zurück mehr: der Kaiserwalzer wird gespielt. So sagen wir: Vergelt’s Gott! Übrigens spielt der Pianist zusätzlich noch im Hotelrestaurant. Die Bar hat im Gegensatz zu der Information auf der Hotel-Homepage bereits ab dem Mittag geöffnet.

Wir besuchen die Bar Maria Theresia nochmals am Dienstagabend. Es hat sehr wenige Gäste. Wieder erhalten wir einen perfekten Cocktail, diesmal mit Hendrick’s. Und wieder werden wir sehr freundlich bedient. Noch einmal können wir Eindrücke von diesem Lokal sammeln: Teppich, Vorhänge, Tapeten und Stoffbezüge sind in verschiedenen Rottönen gehalten.

Die Beleuchtung ist intim und darf schon als theatralisch bezeichnet werden. Auf den Tischchen stehen eine richtige Kerze und eine Orchidee. Kurzum, ein Ort, an den wir gerne wieder zurückkommen werden.


Bevor wir das Haus verlassen, besichtigen wir noch den leider völlig verwaisten Aufenthaltsraum. Er gehört wohl zu den weltweit schönsten Hotelhallen und sollte eigentlich bespielt werden. Ein wunderschöner Ort für den Afternoon Tea! Aber dafür gibt es das vornehme Café Imperial. Die quadratische Imperial-Torte wird in die ganze Welt verschickt. Beachten Sie unseren Bericht "Sachertorte vs Imprial-Torte" auf der Seite "Kaffeehäuser".


Das attraktive und begehrte Grundstück am Kärntner Ring 16, direkt neben dem Schwarzenberg-Platz und mit Sicht auf die Karlskirche, findet keinen Hotelier als Bauherrn. Noch sind es Adelige, die das nötige Kleingeld besitzen, ein Stadtpalais dieser Grössenordnunng in Auftrag zu geben.

Herzog Philipp von Württemberg (1838-1917) heisst der Bauherr. Er wird in Neuilly-sur-Seine geboren und wächst bei seinen Grosseltern, dem französischen Bürgerkönig Louis Philippe und seiner Gemahlin Königin Marie Amelie am Pariser Hof auf. Vor der Revolution von 1848 bringt er sich bei seinem Vater in Bayreuth in Sicherheit. Mit 27 Jahren heiratet er Marie Therese von Österreich.

1862 beauftragt Philipp von Württemberg den deutschen Architekten Arnold Zenetti (1824-1891) mit dem Bau eines repräsentativen Stadtpalais. Zenetti, der auch noch als Vorstand des Münchner Stadtbauamtes tätig ist, entwirft mit dem Palais Württemberg einen der schönsten aller italienischen Neorenaissance-Bauten von Wien.


Als Bauleiter wird der Architekt Heinrich Adam (1838-1905) beauftragt. Adam verbessert die ursprünglichen Pläne für den Innenausbau und steuert Schmiedeeisenarbeiten und Möbel bei. 1866 kann das frischvermählte Paar das fertiggestellte Palais beziehen. Das fünfstöckige Gebäude verfügt über eine grosse Halle, einen Festsaal und einen imposanten Treppenaufgang, alles in Marmor. Das Palais ist für ein Ehepaar, vorsichtig ausgedrückt, eine Nummer zu gross geraten. Es schreit förmlich nach einem öffentlichen Charakter, wie es ein Hotel bietet.

Als auf der Rückseite des Gebäudes die Sicht auf die Karlskirche durch den Bau des Musikvereinssaals im Jahr 1870 verhindert wird, entschliesst sich Philipp von Württemberg zum Verkauf der Immobilie. Im Wien des Jahres 1871 werden als Grund für den schnellen Verkauf auch Spielschulden des Hausherrn vermutet. Jedenfalls zieht das Herzogs-Paar zuerst in eine kleinere Stadtvilla. Von hier aus engagiert es den ehemaligen Bauleiter ihres Stadtpalais, Heinrich Adam, eine Villa namens Maria Theresia in Gmunden am Traunsee zu erstellen.


Der Financier Horace Ritter de Landau erwirbt das Palais Württemberg 1872, um es an den Budapester Hotelier Johann Frohner zu verpachten. Dieser engagiert die Architekten Ludwig Tischler (1840-1906) und Carl Gangolf Kayser (1837-1895). Während sich Tischler für eine grosse Anzahl Mietshäuser an der Ringstrasse verantwortlich zeichnet, gilt Kaysers Tätigkeit vor allem der Restaurierung von Palais und Burgen.

Die beiden bauen in kurzer Zeit das Stadtpalais in ein Grandhotel um, das über den modernsten Komfort wie einen Aufzug und einen Telegrafen verfügt. So kann das Hotel Imperial am 28.April 1873 pünktlich zur Weltausstellung seine Türen öffnen. Als Stadtpalais eines Herzogs gebaut, zieht das herrschaftliche Hotel vorwiegend Kaiser, Könige und Prinzen an. Aber auch Präsidenten sind hier gerne zu Gast.

Als einer der ersten logiert Kaiser Wilhelm I. im Hotel Imperial. Er besucht die Weltausstellung zusammen mit Reichskanzler Otto von Bismarck. Auch der Wiener Börsenkrach kann den erfolgreichen Start des Hauses nicht stoppen.

Im Verlauf der Zeit lässt Hotelier Johann Frohner den Cour d’Honneur - also den Innenhof, in dem die Kutschen vorfahren können – mit einer Glaskuppel versehen und in einen Jardin d’Hiver verwandeln. Heute steht hier der prunkvolle Aufenthaltsraum für die Gäste.


Noch vor dem Grossen Krieg wird das Hotel Imperial von einer Aktiengesellschaft übernommen. Es erhält eine Zentralheizung und es werden erste Pläne für eine Aufstockung des Gebäudes geschmiedet. Diese lassen sich aber erst 1928 realisieren: Auf der Ringstrassenseite werden zwei Geschosse aufgestockt, wobei die ehemalige Dachbalustrade zu einem durchgehenden Balkon im vierten Stock umgewandelt und die Mittelkuppel entfernt wird.

Dadurch verliert das Palais Württemberg sein ehemaliges Gesicht, das Gebäude erhält neue Proportionen. Während dies damals teilweise als Verunstaltung aufgenommen wird, gilt diese Fassade heute als Erkennungszeichen des Hotels Imperial.


Der 18.März 1931 geht in die Annalen des Hotel Imperial ein: Charles Spencer Chaplin besucht Wien, um seinen neuen Film „City Lights“ vorzustellen. Bereits am Bahnhof wird Chaplin auf dem Weg vom Zug zur Limousine von den Menschenmassen, die ihn hautnah erleben wollen, fast zerdrückt. Endlich im Hotel angekommen, wartet eine Pressekonferenz auf ihn. Er äussert sich bewundernd zum „Aufbauwerk des Roten Wien“.

Bei seinem Aufenthalt besucht Chaplin den Prater, wo er wiederum vor den Menschenmassen in das Riesenrad fliehen muss. Für Aufregung im Hotel Imperial sorgt ein Wiener Artist, der am Morgen vor dem prominenten Besuch verkleidet im „Charlie der Tramp Kostüm“ auftaucht, um seinen grossen Bruder zu besuchen. Er wird natürlich hinausgeworfen.

Nach dem 2.Weltkrieg, den das Imperial unbeschadet übersteht, wird 1946 das Eingangsportal modernisiert.


Die dreischiffige Eingangshalle wird in den heutigen Zustand umgewandelt. Bis zum Abzug der Alliierten dient das Imperial als Sitz der sowjetischen Stadtkommandatur.


Bevor das Haus 1955 wieder als Hotel öffnet, wird es renoviert und die Zimmer zum Teil im Stil der 1950er Jahre eingerichtet. Heute gehört das Hotel Imperial zusammen mit dem Hotel Bristol zu der internationalen Starwood-Kette.


Restaurants: Restaurant Imperial – Wiener Küche, Café Imperial, Bar Maria Theresia; Zimmer: 76 Zimmer & 62 Suiten; Adresse: Hotel Imperial, Kärntner Ring 16, A-1010 Wien / http://www.imperialvienna.com/
