
Das Four Seasons Hotel des Bergues kann für sich in Anspruch nehmen, mit Jahrgang 1834 das älteste Grandhotel der Schweiz zu sein. Es steht in enger Verbindung mit der jüngeren Geschichte der Stadt Genf, die zur Bebauung des rechten Rhône-Ufers führte. Obwohl das Haus mehrmals renoviert und vergrössert wurde, erinnert die neoklassizistische Fassade noch an die Anfangszeit. Die Raumaufteilung geht auf die grosse Renovation von 1920 zurück.


Die Le Bar des Bergues steht an zentraler Passantenlage direkt gegenüber der Fussgängerbrücke und an verkehrsberuhigter Quai-Strasse. Im Sommer erfreut sich die Terrasse grosser Beliebtheit. So kann sich das Lokal nicht über einen Mangel an Gästen beklagen, was mit einer gewissen Hektik einhergeht. Neben der Laufkundschaft sitzen hier friedlich Tisch an Tisch Hotel-Gäste aus dem arabischen und dem nord-amerikanischen Raum.

Die mit edlem Holz getäfelte Bar bietet dem Gast bequeme Louis XVI-Sessel, die mit königsblauem Leder bezogen sind. Blau ist auch die vorherrschende Farbe auf dem dicken Teppich. Zusätzlich steht dem Gast eine mit Stoff bezogene Sitzbank zur Verfügung. Auf der Bartheke thront jeweils ein exklusiver Blumenschmuck.

Die Bar ist durchgehend geöffnet. So können neben Cocktails auch leichte Speisen von der Tageskarte bestellt oder der Fünfuhrtee und Süsses aus dem aufgestellten Dessertwagen genossen werden. Der Gast wird empfangen und an einen freien Tisch begleitet. Das sehr junge Team besteht vorwiegend aus Frauen. Die Bedienung ist meist zurückhaltend freundlich. Neigt sich der Drink dem Ende zu, wird sofort nachgefragt, was knapp als nicht aufdringlich eingestuft werden kann.

Der Bartender arbeitet sehr diskret und kann von den Gästen kaum wahrgenommen werden. Der Service eines Coupe de Champagne erfolgt vor Ort. Zuerst werden die Gläser aufgetischt. Dann wird der Champagner eingeschenkt (1.5 dl, Deutz CHF 28.-). Dazu werden pikant gewürzte Oliven und Nüsse serviert. Zum Glas Dolcetto-Rotwein (1 dl, CHF 18.-) erhalten wir gebrochenen Sbrinz. Kleine Stoffservietten sind hier selbstverständlich. Ein Martini-Cocktail-Test steht noch bevor.


Die Entstehung des Hotel des Bergues bietet uns die Gelegenheit, einen Blick auf die neuere Geschichte der Stadt Genf zu werfen. Im Jahr 1527 erwarb der deutsche Kaufmann und Philanthrop Hans Kleberger aus Nürnberg auf beiden Seiten der Rhone Grundstücke. Dazu gehört auch das Hotel de l’Ecu auf der linken Seite des Flusses. Die Bezeichnung „Bergues“ geht auf den sinngemäss ins französische übertragenen Namen Klebergers zurück. Hans Kleberger, deren geschäftlichen Tätigkeiten sich vor allem auf Lyon konzentrieren, wird übrigens vom ebenfalls aus Nürnberg stammenden Zeitgenossen Albrecht Dürer porträtiert.


Im 18.Jahrhundert kaufen die Gebrüder Fazy auf der rechten Seite der Rhone einen Teil des ehemaligen Grundstücks von Kleberger, um darauf eine Indiennefabrik zu erstellen, die sehr erfolgreich Modegewebe exportiert. 1827 führt die abnehmende Nachfrage zur Stilllegung der Fabrik. Jean-Louis Fazy verkauft das Grundstück an die Société des Bergues, welche 1826 nicht nur zum Bau eines Hotels, sondern zum Bau eines neuen Quartiers ausserhalb der Altstadt gegründet wurde.


Die Pläne des Architekten Samuel Vaucher und des Kantonsingenieurs Guillaume-Henri Dufour sehen als Vorbereitung auf den Hotelbau die Errichtung des Quai des Bergues, der Pont des Bergues und der Rousseau-Insel vor. Vaucher zeichnet sich auch als Architekt für das Musée Rath verantwortlich. Dufour wird später General und 1863 der erste Präsident des neu gegründeten IKRK.

Für den Bau des Hotels schreibt die Société des Bergues einen Architektur-Wettbewerb aus, den Augustin Miciol (1804-1876) aus Lyon gewinnt. Seine Pläne werden ebenfalls vom Architekten Samuel Vaucher im Sinne der Auftraggeber überarbeitet. Für die Bauausführung wird der Genfer Unternehmer François-Ulrich Vaucher engagiert.


Das Hotel des Bergues soll nicht nur das erste einer Reihe von Hotels auf dem rechten Ufer werden, sondern auch das erste städtische Grandhotel Genfs und der Schweiz. Deshalb reist Guillaume-Henri Dufour von Dezember 1829 bis Januar 1830 nach Paris und lässt sich dort das Hotel Meurice, das 1817 an der Rue Saint Honoré 223 gebaut wurde, vom Sohn des Hotelgründers Louis-Augustin Meurice höchstpersönlich zeigen. Tief beeindruckt notiert Dufour die Vorzüge dieses ersten Grandhotels von Paris. So werden seine Notizen noch in die Pläne des neuen Hotels integriert, die da sind: Noble Gemeinschaftsräume, einen grossen Festsaal, einen Damensalon, diverse Spielsalons und Restaurants und einen Fumoir. Uebrigens zügelt das Le Meurice erst 1835 an seinen heutigen Standort an der Rue de Rivoli 228, während das des Bergues bereits ein Jahr früher eröffnet wird.

Die neoklassizistische Architektur der Fassade präsentiert sich in einem einfachen und reinen Stil und kommt ohne überflüssige Verzierungen aus. Das Hotel verfügt über ein Erdgeschoss mit Geschäften und einem Grand Café mit Galerie, drei Etagen und ein Attikageschoss. Auf dem Place des Bergues befindet sich für Fuhrwerk und Gepäck ein Tor in den Innenhof, während die Eingangstüre auf die Quaiseite zu stehen kommt.


Mit der Wahl von Alexandre Emmanuel Rufenacht zum ersten Direktor war der Weg frei, um das Hotel des Bergues am 1.Mai 1834 zu eröffnen. Rufenacht wurde 1793 in Hindelbank geboren und war Bürger von Thun. Beruflich wurde er Hauptmann eines Schweizer Regiments, das in französischen Diensten stand. Seine militärische Vergangenheit färbte sich auch auf die Organisation und Führung des neuen Hotels ab.
Schnell wird das Hotel des Bergues zum Vorbild für weitere Stadthotels in der Schweiz: Hotel Baur en Ville (1838) Zürich, Hôtel des Trois Couronnes (1842) Vevey, Hotel Drei Könige (1844) Basel und Hotel Schweizerhof (1845) in Luzern. Alle diese Häuser stehen direkt am Wasser und beherbergen grosse Säle und weitere prächtige Gemeinschaftsräume.


Kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkriegs wird das Hotel des Bergues an eine französische Gruppe verkauft. Durch die kriegsbedingten Umwälzungen in Europa werden die Besitzer vor eine neue Situation gestellt und müssen das Haus wieder abstossen. Eine Genfer Gruppe erwirbt das Hotel, womit es wieder in Schweizer Besitz gerät. Nach achtzig erfolgreichen Jahren sind dringend Renovationen nötig. So beschliesst die Société Nouvelle des Bergues für vier Millionen Goldfranken eine vollständige Renovation. Damit beauftragt wird der Genfer Architekt Maurice Turrettini (1878-1932). Er höhlt das Gebäude vollständig aus, nur das Fundament und die Wände bleiben stehen. Das Haus erhält die neuesten technischen und sanitären Installationen und ein weiteres Stockwerk wird hinzugefügt.

So auf den neuesten Stand gebracht kann das Hotel des Bergues nach dreijähriger Renovation im Februar 1920 wieder eröffnet werden. Fast gleichzeitig nimmt der neu gegründete Völkerbund in Genf seine Arbeit auf. Die erste Versammlung findet im neuen Salle des Nations des Hotel des Bergues statt.


Fast fünfzig Jahre später bietet sich dem Hotel des Bergues 1967 die Möglichkeit, durch den Kauf des angrenzenden Gebäudes an der Rue Arnold-Winkelried den Südflügel auszuweiten und um 32 Zimmer zu wachsen. Weiter werden Konferenzräume und ein zweites Restaurant geschaffen. Die Fassade des neuen Gebäudeteils wird im Stil des Hotels gestaltet.
1978 werden die Zimmer des Nordflügels, 1980 werden die Empfangshalle und die Suiten und Zimmer des Hauptflügels renoviert. Weiter werden die Heizung und Klimaanlage erneuert, die elektrischen Installationen und die Telefonanlage auf den neuesten Stand gebracht. Ebenfalls 1980 wird das Hotel des Bergues von der englischen Gruppe Trusthouse Forte des legendären Lord Charles Forte übernommen.


Im Jahr 2005 finden unter dem bekannten französischen Innenarchitekten Pierre-Yves Rochon, der kürzlich das neue Savoy in London gestaltete, zwölfmonatige Renovationsarbeiten statt. Im Oktober des gleichen Jahres kann das des Bergues als erstes und bisher einziges Four Seasons Hotel der Schweiz wieder eröffnet werden.


Restaurants: Il Lago - norditalienische Küche, Le Bar des Bergues; Zimmer: 115 Zimmer und Suiten ; Adresse: Four Seasons Hotel des Bergues, 33, Quai des Bergues, CH-1201 Genève / http://www.fourseasons.com/geneva/

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