
Von den hier beschriebenen Häusern darf das Hotel Bristol für sich in Anspruch nehmen, das jüngste zu sein. Und es ist das einzige, das in seiner heutigen Form als Hotel und nicht als Wohnhaus erbaut wurde. Sein Innenleben präsentiert noch viel historische Substanz. Langjährige Mitarbeiter und die exklusive Lage am Kärntner Ring Nummer 1 sind Gold wert. Ob der kürzliche Aufkauf durch das benachbarte Sacher in Gold oder in Sachertorten bezahlt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis.


Wir besuchen das Hotel Bristol mit der prominenten Adresse Kärntner Ring 1 zum ersten Mal an einem Sonntagabend. Nach dem Passieren der Drehtüre erwartet uns eine helle Empfangshalle. Marmor, dunkles Holz und zwei Kronleuchter sorgen für gediegene Stimmung.

Wir durchqueren die ovale Lobby mit dem dicken Teppich und den gemütlichen Sesseln. Unser Ziel ist die Bristol Bar, die sich zur Lobby hin öffnet. Diese Bar dient als Fumoir. Auch in diesem zentralen Hotel sind wir überrascht von den wenigen Gästen.

Umso mehr Zeit hat der Chef-Bartender Wolfgang Stöger für uns. Er verbrachte seine gesamte berufliche Laufbahn im Hotel Bristol. In diesen 35 Jahren erlebt Herr Stöger neun Besitzerwechsel.

Den Martini-Cocktail mit Tanqueray-Gin (EUR 13.50) kommt erwartungsgemäss perfekt gemixt auf den Tisch. Die Gläser standen im Eisfach, entsprechend kalt sind die Drinks.

Für das Fotoalbum will sich Herr Stöger mit seinen griechischen Oliven in Szene setzen. Applaus für den freundlichen Service, den perfekten Drink und das gediegene Lokal!


Bei unserem zweiten Besuch am Montagabend bedient uns ein anderer Bartender. Wir erhalten auch von ihm einen perfekten Martini. Statt in die Bar, setzen wir uns in die ovale Halle, die noch auf die Renovation von 1913 zurückgeht. Gegenüber gestern ist heute mehr los im Bristol. Neben uns sitzt eine Runde Geschäftsfrauen.

In der Bar trinkt ein älteres Touristen-Paar einen Cocktail. Geschäftsleute mit kleinen Koffern kommen nach und nach im Hotel an und treffen sich in der Bar. Wie bereits am Sonntag läuft im Hintergrund leise Musik.


Reichsgraf Ernst Karl von Hoyos-Sprinzenstein, ein österreichischer Adeliger und Grossgrundbesitzer, beauftragt 1861 den Architekten Ludwig Förster (1797-1863) am Kärntner Ring 5 ein Palais zu errichten. Förster ist ein Vertreter der Historismus, der sich am Ende seiner Karriere mit Gebäuden an der neuen Ringstrasse hervortut.

Das 1863 fertiggestellte Palais wird dreissig Jahre von der Familie bewohnt. Danach mietet es ein Cousin des Grafen und im Jahr 1900 verkauft die Familie das Gebäude an das benachbarte Hotel Bristol. Das Hotel Bristol eröffnet 1892 am Kärntner Ring 7 in einem Wohnhaus, das Ludwig Förster gleichzeitig mit dem Palais Hoyos errichtet hatte.

Seinen Namen leitet es von der britischen Stadt Bristol ab. Um die Jahrhundertwende laufen die Geschäfte des Hotels sehr gut. So werden in den 1910er Jahren noch die beiden Gebäude neben dem ehemaligen Palais Hoyos in Richtung Staatsoper dazugekauft, womit auch die Adresse Kärntner Ring 1 zum Hotel gehört.

Die Architekten Ladislaus Fiedler und Pietro Palumbo erhalten den Auftrag, die verschiedenen Gebäude zusammenzuführen und am Kärntner Ring 1, vis-à-vis der Staatsoper und Ecke Kärntnerstrasse, das Hauptgebäude des Bristols zu errichten. Dazu müssen zwei Gebäude aus dem Jahr 1860 abgerissen werden.

Diese Stelle war zur Zeit der Donaumonarchie eine der meist frequentierten der Stadt und hiess Sirk-Ecke, genannt nach dem Lederwarengeschäft von August Sirk, das sich dort befand. Diese Ecke galt als gesellschaftlicher Treffpunkt. Die beiden Architekten planen hier einen monumentalen Bau im neoklassizistischen Stil.

Die beiden runden Ecktürme werden zum architektonischen Erkennungszeichen des Hotel Bristol, das nach dem Umbau 1913 in seiner grössten Ausdehnung wieder eröffnen kann. Die neue Fassade zieren acht allegorische Kinderfiguren des Bildhauers Alfonso Canciani.


Die Bomben der westlichen Alliierten beschädigen am Ende des 2.Weltkriegs das Hotel Bristol schwer. So müssen die Gebäude am Kärntner Ring 5 (ehemaliges Palais Hoyos) und 7 abgerissen werden, während das Hauptgebäude am Kärntner Ring 1 wieder instand gestellt werden kann. Das Treppenhaus und die ovale Halle stammen auch heute noch aus dem Umbau von 1913. Doch nach dem Krieg wird das Gebäude zunächst von amerikanischen Besatzungsbehörden rekrutiert.


In den Jahren 1948 bis 1955 kann der Architekt Oswald Haerdtl für das Hotel Bristol, das sich jetzt in der Grösse auf den Kärntner Ring 1 und 3 beschränkt, diverse Umbauten erledigen.


Seit dem Jahr 2011 gehört das Hotel Bristol Elisabeth Gürtler, der Betreiberin des Hotel Sacher. Sie plant, mit zusätzlichen Suiten das Bristol zu vergrössern. Und natürlich will sie auch hier ihre Original Sachertorte anbieten. Betrieben wird das Hotel aber weiterhin von der Starwood-Gruppe.

Zu den bekannten Gästen des Hotel Bristol zählt Enrico Caruso, der 1906 in der Wiener Hofoper den Herzog in Verdis „Rigoletto“ spielt. Er wohnt in einer Vier-Zimmer-Suite.


Restaurants: Korso – das Hotelrestaurant, Bristol Bar; Zimmer: 140 Zimmer & Suiten; Adresse: Hotel Bristol, Kärntner Ring 1, A-1010 Wien / http://www.bristolvienna.com/
