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Dorint Maison Messmer
Dorint Maison Messmer

Das neue Dorint Maison Messmer darf für sich zwar nicht in Anspruch nehmen, ein historisches Haus zu sein, an der Zerstörung des alten und geschichtsträchtigen Maison Messmer ist es aber völlig unschuldig. In diesem alten Haus wurde Geschichte geschrieben. Kaiser Wilhelm I war hier Stammgast. Und Reinhold Schneider, der Sohn des Hoteliers, schreibt mit „Der Balkon“ einen persönlich gefärbten Nachruf auf die Maison.

Dorint Maison Messmer, historischer Teil mit dem Malersaal
Gegenwärtiges
Dorint Maison Messmer

Wir besuchen die Bar des Dorint Maison Messmer zweimal. Am ersten Abend wären wir die einzigen Gäste und es spielt und singt ein Musiker an der Gitarre. Das tönt für mich meistens wie Strassenmusik und gehört nicht in die Bar eines Grandhotels. Am zweiten Abend wird die Bar von einer Gruppe Amerikaner okkupiert, dafür entpuppt sich der Musiker von gestern auch als Pianist am Klavier.   

Dorint Maison Messmer
Historisches

Als Johann Baptist Messmer (1781-1859), ein Neffe des bekannten Arztes und Wegbereiters der Parapsychologie, Franz Anton Mesmer, den Dienst als badischer Kriegsministerialsekretär 52-jährig quittiert, beginnt erst sein eigentliches Lebenswerk: Zusammen mit seiner Frau Karoline Ritzinger baut er in den Jahren 1833/34 ein Landhaus, das zwischen dem heutigen Kurhaus und dem Theater liegt. Die zentrale Lage und der persönliche Service verhelfen dem sogenannten Maison Messmer schnell zum Erfolg.

Als sich im Jahr 1849 Prinz Wilhelm von Preussen mit seinem Generalleutnant Eduard von Peucker einquartiert, empfindet der demokratisch gesinnte Messmer die beiden eher als Besatzer statt als Gäste. Denn nicht die Sommerfrische zieht den Prinzen und mit ihm ein Grossverband des preussischen Heeres nach Baden-Baden, sondern die Niederschlagung der badischen Revolution. Da die Freischärler die Stadt längst verlassen haben, kommt es zu keinen Kampfhandlungen. Dafür findet der Prinz Gefallen an der Stadt und ihrer Umgebung. So versichert er beim Abschied Johann Messmer, dass er zwar als Feind gekommen sei, aber als Freund zurückkehren werde. Und tatsächlich hält Prinz Wilhelm von Preussen (1797-1888) Wort: Er besucht in Begleitung seiner Frau Augusta von Sachsen Baden-Baden die nächsten vierzig Jahre jährlich - zum Teil sogar im Frühling und im Herbst -  und immer wohnen sie im Maison Messmer.

Allerdings mutiert in dieser Zeit der Prinz zum König (1858), um schlussendlich als Kaiser Wilhelm I (1871) in die Annalen der Geschichtsbücher einzugehen und damit das Maison Messmer zu landesweiter Bekanntheit werden zu lassen. Seinen Beinamen Kartätschenprinz verdient sich Wilhelm im Berlin des Revolutionsjahres 1848, wo er die Aufständischen niederkartätschen wollte (Kartätsche = eine Art Streumunition). Mit einer solchen Positionierung entgeht Wilhelm in seinem Leben vier Attentaten, wobei das erste am 14.Juli 1861 in Baden-Baden vom Studenten Oskar Becker verübt wird, der ihn am Hals leicht verwundet. Am Abend versammeln sich die besorgten Bürger vor dem Maison Messmer. Wilhelm tritt auf den Balkon seiner Hotelsuite und dankt der jubelnden Menge. Dieser Balkon geht als Kaiserbalkon in die Stadtgeschichte ein.

Inzwischen übernimmt der Sohn Wilhelm Messmer den elterlichen Betrieb. Er heiratet Luise Kah, die Schwester von Otto Kah, dem Besitzer des Hôtel de l’Europe. Unter Wilhelm Messmers Leitung wird das Haus massiv vergrössert und ausgebaut. So fügt er 1892 zur Friedrichstrasse hin einen repräsentativen Saalbau an. Dieser existiert heute noch und wird von den Dorint Hotels als historische Reminiszenz an das Maison Messmer unter dem Namen Malersaal für Feste und Bankette betrieben.

Die Familie Messmer pflegt mit den treuen kaiserlichen Stammgästen aus Berlin eine herzliche Beziehung. Diese wird vom Herrscherpaar erwidert. So übernimmt die Kaiserin Augusta die Patenschaft für die Tochter Augusta Messmer. Diese wird später Camille Brenner, den Besitzer des Hotels Stephanie, heiraten.

Die jüngste Tochter Wilhelma heiratet 1899 den im Haus angestellten und aus dem Erzgebirge stammenden Hoteldirektor Max Wilhelm Schneider. Die beiden bauen das Maison Messmer weiter aus. Die Dépendance an der Rückseite des Hotels zur Kaiser-Wilhelm-Strasse hin wird abgerissen und 1906 durch einen Neubau im Jugendstil ersetzt. Mit seinen 200 luxuriösen Zimmern gehört nun das Maison Messmer definitiv zu den Grandhotels von Baden-Baden.

1903 wird der jüngere Sohn Reinhold geboren. Nach dem ersten Weltkrieg muss er mitansehen, wie der elterliche Betrieb durch die äusseren Umstände in Schieflage gerät und zwangsversteigert wird. Seine Mutter verlässt die Familie. Sein Vater begeht 1922 Selbstmord. Reinhold Schneider fühlt sich zur Schriftstellerei hingezogen. Er ist befreundet mit Werner Bergengruen. Beiden gemeinsam ist ihr Ringen um eine christliche Erneuerung.

Während die äusseren Umstände der Jahre 1933 bis 1945 Bergengruen in die Schweiz emigrieren lassen, entschliesst sich Reinhold Schneider zur inneren Emigration. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehört er zu den wenigen aufrechten Westdeutschen, die sich vehement gegen die militärische Aufrüstung stellen. 1957, ein Jahr vor seinem Tod, schreibt Reinhold Schneider in seiner persönlich gefärbten Aufzeichnung „Der Balkon“ einen Nachruf auf das elterliche Hotel, das nun abgerissen wird, und eine kritische Liebeserklärung an sein „Städtlein“ Baden-Baden.

Bevor das Maison Messmer abgerissen wird, gehört es der Bäder- und Kurverwaltung, die es ersteigert hat. Sie nutzt es jedoch nicht mehr als Hotel und ihre Pläne, es für kurörtliche Zwecke zu nutzen, werden nicht realisiert. So dümpelt die Immobilie ungenutzt ihrem von der Stadtverwaltung abgesegneten Abriss entgegen.

Reinhold Schneider schreibt dazu ein bisschen wehmütig in seinem „Der Balkon“: „Liebes altes Haus, keinen Protest, es ist ganz in der Ordnung, dass du abgerissen wirst.“ Abgerissen wird das Hauptgebäude, während der Malersaal von 1892 und der Jugendstil-Anbau von 1906 stehen bleiben. Die freie Fläche wird 38 Jahre als Parkplatz bzw. als Grünfläche genutzt.

In den Jahren 1996 bis 2001 wird das Grundstück im Auftrag der Dorint-Hotels wieder bebaut. Es entsteht ein Hotelneubau mit Tiefgarage. Er wird umrahmt vom denkmalgeschützten Malersaal und vom ebenfalls denkmalgeschützten Jugendstilanbau. Der imposante Malersaal dient für Feste und Bankette, während die untersten drei Etagen des Jugendstilanbaus den Wellness-Bereich beherbergen.   

Maison Messmer, Der Malersaal
Prospekt
Restaurant Theaterkeller, Dorint Maison Messmer

Restaurants: JB Messmer – Gourmet, Theaterkeller – rustikal, Kaminbar; Zimmer: 141 Zimmer & 11 Suiten; Adresse: Dorint Maison Messmer, Werderstrasse 1, 76530 Baden-Baden /  http://www.dorint.com/de/hotel-baden-baden

Dorint Maison Messmer
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